Geschäftshaus Sack 15

Ansicht von Nordwesten

Ansicht von Nordwesten

  1. Nutzung, Bauzeit

    • Geschäftshaus (Buchhandlung)
    • errichtet 1999 an Stelle einer seit dem Zweiten Weltkrieg bestehenden Baulücke
  2. Städtebauliche Situation, Nachbargebäude

    • markante städtebauliche Situation an der Ecksituation Sack/Schild
    • geschlossene Bebauung
    • Nachbarhäuser: südlich anschließend ein Geschäftshaus mit neobarocker Natursteinfassade des Historismus (Sack 16), östlich anschließend postmoderne Putzbauten mit Schrägdächern und Erkern aus den 1980er Jahren
  3. Geschossigkeit und Dachform

    • fünfgeschossiger Stahlbeton-Skelettbau mit Flachdächern
  4. Baukörpergestaltung

    • Untergliederung des Baukörpers in zwei unterschiedlich große Gebäudeteile
    • Orientierung der Höhen der Gebäudeteile an den Traufen der Nachbarhäuser
    • Horizontalgliederung in ein zurückgesetztes Erdgeschoss, Obergeschosse und eine Dachzone mit Staffelgeschossen
    • konkav geschwungene Fassadenausbildung der drei Obergeschosse am Sack, daraus hervorgehend Abrundung der auskragenden Gebäudeecke, dort eingezogenes Erdgeschoss mit Eingang
    • massives Treppenhaus als Scharnier zwischen den Gebäudeflügeln
  5. Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung

    • Baukörper leiten die Baufluchten vom Sack und Schild prägnant auf die Ecksituation über
    • Flachdächer fügen sich durch geschickte Staffelung in das Umfeld ein
  6. Fassadengestaltung

    • geschossweise gegliederte Glasfronten
    • schlanke Betonstütze, im Erdgeschoss außen stehend
    • Betonung der Geschossübergänge mit Gesimsstreifen
  7. Detaillierung

    • Binnenteilung der Glasflächen mit PfostenRiegel-Konstruktion
    • rhythmische Gliederung der Binnenteilung ist an Hauptstützen orientiert
    • abgerundete Ecke mit horizontalen Holzlamellen (Sonnenschutz) betont
  8. Materialien und Farbgebung

    • sauber ausgeführte Sichtbetonstützen
    • Pfosten-Riegel-Konstruktion mit schwenkbaren Fensterelementen aus Holz
    • Treppenhaus-Kern mit Verkleidung aus Naturstein
  9. Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung

    • Differenzierung der Maßstäbe von der Großform bis in das Detail
    • dosierte Verwendung traditioneller Baumaterialien (Natursteinverkleidung, Holz) schafft Bezug zu älteren Gebäuden
  10. Abschließende Bewertung: + + +

    • Elegante Gesamterscheinung, Verwendung von Motiven der Architektur der 1920er Jahre
    • Geschäftshaus, das sich trotz großen Volumens und kompromisslos moderner Architektur in den städtebaulich heterogenen Kontext einfügt
Ansicht von Nordwesten

Ansicht von Nordwesten

Im Jahr 1999 wurde eine Baulücke in der städtebaulich wichtigen Ecksituation Sack/Schild geschlossen. Die Baulücke ging auf die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges zurück und war bis zur Neubebauung lediglich mit niedrigen Ausstellungspavillons besetzt. An der Südseite der Eckparzelle befindet sich ein Geschäftshaus mit reich gegliederter und verzierter Fassade des Historismus (Sack 16). Die östlichen Nachbarhäuser am Schild sind 1986 errichtete Neubauten, die mit ihrer Gestaltung (Erker, geneigte Dächer) als postmodern bezeichnet werden können.

Der insgesamt fünfgeschossige Neubau Sack 15 gliedert sich als Baukörper in zwei Bestandteile, die mit ihren Traufhöhen Bezug zur Nachbarbebauung aufnehmen. Der größere, breit gelagerte Gebäudeteil am Sack zeigt eine konvex verlaufende Fassadenflucht, die zur Ecksituation hin in einer entschieden in den Straßenraum vorstoßenden Rundung ausläuft. Das Erdgeschoss ist zurückgesetzt, so dass die schlanken Rundstützen hier vor der Fassade stehen. Im Eckbereich ist die Erdgeschossfront eingezogen und markiert eine Eingangssituation.

Die drei Obergeschosse des geschwungenen Gebäudeteils am Sack sind in den Deckenebenen horizontal gegliedert und sonst vollständig verglast. Hier befinden sich die Rundstützen hinter der Fassade, sind jedoch von außen sichtbar. An der gerundeten Gebäudeecke wird die horizontale Gliederung durch in dichtem Abstand vorgesetzte Holzlamellen noch verstärkt. Die Lamellen, zugleich Sonnenschutz für den vorspringenden Gebäudeteil, steigern die Wirkung der markanten Ecksituation.

Einen Ausgleich zur vorherrschenden Horizontalausrichtung bildet die Binnengliederung der wandhohen Verglasungen der Stockwerke. Die Pfosten und Rahmen der Glasfronten bilden einen Rhythmus, der auf die Stützen Bezug nimmt. Die schwenkbaren Fensterelemente sind mit Holzrahmen ausgestattet. Sie korrespondieren im Material mit den Holzlamellen und geben der Fassade wichtige Akzente. Über den drei Obergeschossen, dessen Traufe an diejenige des Nachbargebäudes Sack 16 anschließt, befindet sich ein Staffelgeschoss. Dieses ist zurückgesetzt und wird in der Fußgängerperspektive nur durch das weit auskragende Flachdach wirksam. Der rechteckige Grundriss des Staffelgeschosses steht in spannendem Kontrast zur geschwungenen Front der Hauptstockwerke.

An der Straßenecke schwingt die Ausrundung auf einen massiv ausgebildeten, mit Natursteinplatten verkleideten Gebäudeteil zurück. Dieses Bauteil birgt ein Treppenhaus und einen Fahrstuhl und bildet das Scharnier zwischen den beiden Fassadenabschnitten des Geschäftshauses. Der Gebäudebereich am Schild zeigt ebenfalls ein zurückgesetztes Erdgeschoss. Seine Bauflucht ist gerade und schließt mit zwei Hauptgeschossen an das östliche Nachbarhaus an. Die Fassade des 3. Obergeschosses ist hier als Staffelgeschoss mit auskragendem Flachdach auf die Flucht des zurückliegenden, massiven Treppenhauses bezogen. Gliederung und Detailausbildung des Fassadenbereichs am Schild entsprechen derjenigen des Gebäudeteils Sack.

Das Geschäftshaus Sack 15 stellt einen der gelungensten Neubauten in der Braunschweiger Innenstadt dar. Es handelt sich um eine moderne Architektur, die mit Geschick in einen differenzierten Kontext eingefügt ist. Trotz der Größe des Gebäudes ist es so gegliedert und gestaltet, dass die Maßstäbe von der Großform bis in das Detail vermitteln. Die geschwungene Bauflucht am Sack und die gerundete Ecke mit ihren dynamisch wirkenden Lamellen geben dem Haus eine Eleganz, die nicht übertrieben wirkt. Sie erinnert an die großartigen Warenhausentwürfe des Architekten Erich Mendelsohn aus den 1920er Jahren. Die deutliche Gliederung in Erdgeschoss, Stockwerke und Dachzone greift ein grundlegendes Motiv innerstädtischer Bebauung auf. Die runden Betonstützen lassen das konstruktive Gefüge erkennen, das durch den massiven Treppenhauskern ausgesteift wird.

Mit der Steinplattenverkleidung des Treppenhauses ist eine Verbindung zu den historischen Massivbauten der Stadt hergestellt. In den großflächigen, aber gut gegliederten Fassadenverglasungen nehmen die hölzernen Fensterflügel eine Sonderstellung ein. Sie interpretieren mit hochrechteckigen Formaten die Proportionen der Öffnungen benachbarter Gebäude. Die hölzernen Fensterflügel und Lamellen bilden einen wohltuenden Akzent in der von kühlen Materialien bestimmten Architektur. Die nebensächlich erscheinende Detailausbildung wie des Stockwerkgesimses über dem Erdgeschoss, das an klassische Architrave erinnert, zeigt die sorgfältige Gestaltung des Bauwerks. Angenehm wirkt auch die maßvoll erscheinende Be- leuchtung des Gebäudeinneren, die in den dunklen Tageszeiten nach außen wirkt.

Mit Sack 15 ist in Braunschweig ein Geschäftshaus entstanden, das trotz kompromisslos moderner Architektur in einem immer noch historisch geprägten Stadtbild überzeugt. Es wirkt an einem heterogen erscheinenden Bereich wie der viel frequentierten Einmündung Sack/Schild als wohltuender Blickfang.

Altan
Austritt (Balkon) über einem Vorbau, z.B. über einer Veranda
Aus- bzw. Vorkragung
über die Bauflucht vorspringendes Stockwerk bzw. Gebäudeteil
Brüstung
Wandbereich unter einer Fensteröffnung
Fasche
Rahmung einer Fassadenöffnung (Tür, Tor, Fenster) durch Putz- oder Farbstreifen bzw. mit hölzernen Bauteilen
Fensterband
Reihung von Fensteröffnungen, bei Treppenhäusern auch in senkrechter Anordnung möglich
Freigespärre
Vor einer Giebelfassade angeordnetes Dachgespärre zur Stützung eines entsprechenden Dachüberstandes, oft aus dekorativen Gründen errichtet
Fronton
unmittelbar über der Traufe vor der Dachfläche und quer zum First aufgesetzter Dreiecksgiebel
Gaube
hinter die Traufe zurückgesetzter Dachaufbau
Gesims
waagrechter Mauerstreifen oder entsprechendes Profil zur Fassadengliederung, häufig auch an der Traufe (Traufgesims, bei freistehenden Bauten auch Kranzgesims genannt)
Gewände
Einfassung einer Fassadenöffnung (Tür bzw. Fenster)
Kolonnade
offener Gang hinter einer Pfeiler- oder Säulenreihe
Lisene
flacher, senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung
Loggia
hinter einer Fassadenflucht eingezogener Freibereich mit Austritt
Mezzaningeschoss
niedriges Stockwerk, meist unter dem Dachansatz (Traufe) angeordnet
Okulus
kreisrunde Fensteröffnung
Ortgang
Kante einer Dachschräge am Giebel
Paneel
geschlossene Füllung in einer Vorhangfassade
Pilaster
senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung, entsprechend einer Säule mit Basis und Kapitell gesteltet
Pultdach
Dach mit einseitig geneigter Fläche
Risalit
vorspringender Fassadenbereich in gesamter Gebäudehöhe, meist als Mittel- oder Seitenrisalit
Segmentbogen
Bogen über einem Kreisausschnitt (kein voller Rundbogen)
Sohlbank
architektonisch betonter, unterer Abschluss einer Fensteröffnung
Staffelgeschoss
hinter die Traufe zurückspringendes Dachgeschoss, zumeist bei Flachdächern
Sturz
oberer Abschluss einer Wandöffnung (Tür bzw. Fenster)
Traufe
oberer, waagrechter Abschluss einer Fassade, bei geneigten Dächern die untere Dachkante
Vorhangfassade
vom Haupttragwerk eines Gebäudes abgelöste Fassade in Pfosten-Riegel-Konstruktion, oft großflächig verglast
Werkstein
durch Steinmetz bearbeiteter Naturstein
Zwerchhaus
unmittelbar über der Traufe in Fassadenflucht angeordneter Dachaufbau mit Giebel quer zum First (Zwerchgiebel)