Schloss-Carree

Ansicht von Süden

Ansicht von Süden

  1. Nutzung, Bauzeit:

    • Gesundheitszentrum mit Passage, Ladenlokalen und Arztpraxen
    • Neubau aus dem Jahr 2008
  2. Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:

    • ehemalige Lücke mit begrüntem Hügel, Restbestand des einstigen Schlossparks
    • Eck- und Blockinnenbebauung zwischen Bohlweg und Ritterbrunnen mit Hauptbau zum Schlossplatz mit Einbeziehung vorhandener Bausubstanz, u.a. Gründerzeitbau
    • zwei schmale Fassaden am Bohlweg und am Ritterbrunnen
    • Nachbargebäude: fünf- bis siebengeschossige Wohn- und Geschäftshäuser der Zeit um 1960
  3. Geschossigkeit und Dachform:

    • sechsgeschossiger Gebäudekomplex mit Flachdächern
  4. Baukörpergestaltung:

    • Passagenbebauung (ehem. Steinwegpassage), Hauptbau mit horizontal geschichteten Stockwerken, die obersten Geschosse an der Fassaden-Längsseite stark über den seitlichen Passageneingang auskragend (Schubladenwirkung)
    • prismenartige Wirkung der zurückliegenden Passagenfront
    • zurückspringendes Staffelgeschoss
  5. Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:

    • in der Umgebung herrschen Flachdächer vor
    • dramatische Wirkung der geschichteten bzw. stark auskragenden Stockwerke schafft eine Verunklärung der Gebäudekubatur
  6. Fassadengestaltung:

    • horizontale Schichtung und Betonung der Fronten
    • wandhohe, als Fensterbänder gestaltete Stockwerke
    • Unterbrechung der Fensterbänder durch geschlossene Paneele
    • Eck- und (Haupt-)Eingangssituation der Passage über drei bzw. vier Geschosse verglast
    • Balkon mit Freisitz vor der Südfassade
  7. Detaillierung:

    • Wandflächen streifenartig auf Gebäudekanten und Geschossübergänge reduziert
    • rhythmische, durch geschlossene Paneele unregelmäßig durchsetzte Gliederung der wandhohen Verglasungen
    • Sonnenschutz (Jalousien) hinter Geschossübergängen angebracht
    • freistehende Rundstützen aus Beton
    • querrechteckige Gliederung der Passagenfront durch Pfosten und Riegel
    • auf den Dachflächen einheitlich verkleidete Elemente des technischen Ausbaus (z.B. Be- und Entlüftung,Verkleidung nachträglich)
  8. Materialien und Farbgebung:

    • Wandflächen und Untersichten der Kragkonstruktionen verputzt und weiß gestrichen
    • Gliederungen der Glasflächen mit grauen Pfosten und Riegeln aus Metall
    • geschlossene Paneele in den Obergeschossen in grünen und blauen Farbtönen
    • am Balkon Stabgeländer aus Metall
    • weißer Anstrich des einbezogenen Bestandsgebäudes aus den 1960er Jahren
  9. Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:

    • sorgfältige Detaillierung und Farbgebung der Fassaden setzen belebende Akzente
    • kühne Baukörpergestaltung erheischt übermäßige Aufmerksamkeit und verunklärt statisches Tragverhalten
  10. Abschließende Bewertung: – –

    • ambitionierter Entwurf mit unverhältnismäßig wirkendem konstruktivistischen Aspekt
Ansicht von Süden

Ansicht von Süden

Mit der Rekonstruktion der Schlossfassaden, der Errichtung der Schloss-Arkaden und der umfassenden Umgestaltung des Bohlweges ist dieser zentrale Bereich der Stadt in den Fokus weiterer Planungen und Baumaßnahmen geraten. Somit entstand 2008 innerhalb des Baublocks zwischen Bohlweg und Ritterbrunnen auch das Schloss-Carree. Es beinhaltet als Gesundheitszentrum vorwiegend Arztpraxen und entsprechende Ladengeschäfte. Der umfangreiche Gebäudekomplex ist mehrteilig angelegt und besetzt den Standort der ehemaligen, offenen SteinwegPassage.

Das Hauptgebäude befindet sich an der Ecke Schlossplatz/Ritterbrunnen. Hier befand sich vor dem Bau ein mit Bäumen bewachsener Hügel, ein letzter Rest des ehemaligen Schlossparks. Weitere Fassaden bildet das Schloss-Carree am Bohlweg und am Ritterbrunnen aus. Zwischen Bohlweg und Schlossplatz befindet sich eine abgewinkelt verlaufende Passage. An der Ecke zum Ritterbrunnen wurden ein in den 1960er Jahren errichtetes Wohn- und Geschäftshaus und daneben ein Gründerzeitbau, am Bohlweg zudem ein weiterer Nachkriegsbau in den Komplex einbezogen.

Das Hauptgebäude des insgesamt sechsgeschossigen Carrees ist durch eine komplexe Schichtung der Geschosse gekennzeichnet. Im Anschluss an das westlich benachbarte Gebäude zeigt sich die Fassade in konventionellem Aufbau, wobei hier die beiden unteren Geschosse zurückspringen und die tragenden Stützen nach außen treten. Die unteren Etagen knicken vor dem Passageneingang ab und bilden in der Ladenstraße eine Binnenfassade aus. Vor dem 1. Obergeschoss befindet sich ein Balkon als Freiterrasse für einen gastronomischen Betrieb.

Die darüber befindlichen Stockwerke springen jeweils weit nach Osten vor und überdachen damit den zurückliegenden Eingang in die Passage. Der Eingangsbereich der drei Geschosse hohen Passage ist verglast und schließt übereck an das einbezogene Gebäude am Ritterbrunnen an. Das 3. Obergeschoss endet kurz vor der Ecksituation des Passageneingangs, während das Stockwerk darüber noch einmal weit nach Osten vorspringt und von Betonstützen getragen wird. Das Erscheinungsbild erzeugt den Eindruck von ausgezogenen Schubladen. Das oberste Stockwerk ist als Staffelgeschoss ausgebildet und übernimmt im Osten wieder die Flucht der unteren Etagen.

Die Verglasung am schräg gestellten Passagenzugang ist mit Pfosten und Riegeln vorwiegend in querrechteckige Felder geteilt. In den Stockwerken zeigt sich eine betont horizontale Ausrichtung. Die Geschossübergänge sind mit weißen Putzflächen betont, diese fassen die durchlaufenden, wandhohen Glasflächen der dortigen Büroräume ein. Zwischen diesen rhythmisch gegliederten Glasflächen sind in unregelmäßigen Abständen senkrechte Paneele eingefügt. Sie geben den Fassaden mit ihren grünen und blauen Tönungen Farbakzente. Vor den Fensteröffnungen befinden sich Metalljalousien als Sonnenschutz.

Die Fassaden der Gebäudeteile Bohlweg und Ritterbrunnen zeigen ein gleiches Schema mit weißen Putzflächen, Fensterbändern mit farbigen Paneelen und Staffelgeschossen. Auf den Dachflächen sind die Anlagen der Haustechnik entsprechend ihrer Funktion angeordnet.

Das Schloss-Carree ist ein ambivalent zu beurteilender Gebäudekomplex. Er trägt zur neuen Urbanität im Umfeld des Schlosses deutlich bei. Die Überbauung der seit längerer Zeit heruntergekommenen Steinweg-Passage ist in jedem Fall positiv zu bewerten. Mit der mutigen, transparenten Architektur ist ein interessanter Blickfang entstanden.

Diese Architektur zeigt mit den weit auskragenden Geschossen jedoch einen unverhältnismäßig wirkenden Konstruktivismus. Eine logische, den Gesetzen der Statik entsprechende Ableitung der Lasten ist für den unkundigen Betrachter nicht ersichtlich (Auskragung 3. Obergeschoss). Zudem musste für den Neubau durch Entfernung des bewachsenen Hügels ein letzter Rest des Grünraums im Umfeld der ehemaligen Residenz verschwinden.

Die anfänglich unaufgräumt wirkende Anordnung haustechnischer Elemente (Be- und Entlüftung) auf der Dachfläche konnte durch Verkleidung inzwischen gemildert werden.

Altan
Austritt (Balkon) über einem Vorbau, z.B. über einer Veranda
Aus- bzw. Vorkragung
über die Bauflucht vorspringendes Stockwerk bzw. Gebäudeteil
Brüstung
Wandbereich unter einer Fensteröffnung
Fasche
Rahmung einer Fassadenöffnung (Tür, Tor, Fenster) durch Putz- oder Farbstreifen bzw. mit hölzernen Bauteilen
Fensterband
Reihung von Fensteröffnungen, bei Treppenhäusern auch in senkrechter Anordnung möglich
Freigespärre
Vor einer Giebelfassade angeordnetes Dachgespärre zur Stützung eines entsprechenden Dachüberstandes, oft aus dekorativen Gründen errichtet
Fronton
unmittelbar über der Traufe vor der Dachfläche und quer zum First aufgesetzter Dreiecksgiebel
Gaube
hinter die Traufe zurückgesetzter Dachaufbau
Gesims
waagrechter Mauerstreifen oder entsprechendes Profil zur Fassadengliederung, häufig auch an der Traufe (Traufgesims, bei freistehenden Bauten auch Kranzgesims genannt)
Gewände
Einfassung einer Fassadenöffnung (Tür bzw. Fenster)
Kolonnade
offener Gang hinter einer Pfeiler- oder Säulenreihe
Lisene
flacher, senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung
Loggia
hinter einer Fassadenflucht eingezogener Freibereich mit Austritt
Mezzaningeschoss
niedriges Stockwerk, meist unter dem Dachansatz (Traufe) angeordnet
Okulus
kreisrunde Fensteröffnung
Ortgang
Kante einer Dachschräge am Giebel
Paneel
geschlossene Füllung in einer Vorhangfassade
Pilaster
senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung, entsprechend einer Säule mit Basis und Kapitell gesteltet
Pultdach
Dach mit einseitig geneigter Fläche
Risalit
vorspringender Fassadenbereich in gesamter Gebäudehöhe, meist als Mittel- oder Seitenrisalit
Segmentbogen
Bogen über einem Kreisausschnitt (kein voller Rundbogen)
Sohlbank
architektonisch betonter, unterer Abschluss einer Fensteröffnung
Staffelgeschoss
hinter die Traufe zurückspringendes Dachgeschoss, zumeist bei Flachdächern
Sturz
oberer Abschluss einer Wandöffnung (Tür bzw. Fenster)
Traufe
oberer, waagrechter Abschluss einer Fassade, bei geneigten Dächern die untere Dachkante
Vorhangfassade
vom Haupttragwerk eines Gebäudes abgelöste Fassade in Pfosten-Riegel-Konstruktion, oft großflächig verglast
Werkstein
durch Steinmetz bearbeiteter Naturstein
Zwerchhaus
unmittelbar über der Traufe in Fassadenflucht angeordneter Dachaufbau mit Giebel quer zum First (Zwerchgiebel)