Wohnbebauung Wilhelmstraße 36

Ansicht

Ansicht

  1. Nutzung, Bauzeit:

    • Wohngebäude, errichtet 2018/19.
  2. Städtebauliche Situation, Nachbargebäude:

    • Standort am gebogenen Nordabschnitt der Wilhelmstraße;
    • südseitig Anschluss eines großen Verwaltungsbaus aus den frühen 1950er Jahren in entsprechender Bauflucht;
    • nordseitig freistehend, Anschlussbebauung vorgesehen.
  3. Geschossigkeit und Dachform:

    • insgesamt sechsgeschossige Bebauung mit Flachdächern;
    • das obere Stockwerk als Staffelgeschoss ausgebildet.
  4. Baukörpergestaltung:

    • zweiteilig erscheinender Baukörper mit leichtem Knick entsprechend Straßenverlauf;
    • Staffelgeschoss mit Rücksprung am Südende.
  5. Bezug von Baukörper und Dachform zur Umgebung:

    • Bauvolumen orientiert sich am benachbarten Bürogebäude und erscheint in der Bebauung des Straßenraums der Wilhelmstraße angemessen.
  6. Fassadengestaltung:

    • entsprechend des Fassadenknicks asymmetrisch-zweiteilige Straßenfront in unterschiedlicher Farbgebung;
    • Erdgeschoss mit tief eingezogenem Hauseingang im Norden und flacher Eingangsnische im Südteil, sonst hochliegende Fensteröffnungen;
    • in den Obergeschossen überwiegend hochrechteckige Fensteröffnungen in rhythmischen Achsen, Hausenden durch breitere Öffnungen markiert;
    • im schmaleren rechten Bauteil querrechteckige Schltzfenster (Treppenhaus) zwischengeschaltet;
    • Staffelgeschoss über dem Nordteil mit bügelartigen Vordächern in Fassadenflucht.
  7. Detaillierung:

    • knapp ausgebildete Details;
    • Treppenhaus und Schaufenster großflächig verglast;
    • Staffelungen mit Stabgeländern;
    • silberfarbene Regenfallrohre in Gliederung einbezogen.
  8. Materialien und Farbgebung:

    • unterschiedliche Fassadenabschnitte in Weiß gestrichen bzw. mit gelben Klinkern;
    • Verglasungen mit Pfosten-Riegel-Konstruktionen sowie Geländer aus Metall;
    • anthrazitfarbene Kunststoff-Fenster mit unterschiedlichen Teilungen.
  9. Bezug der Materialien und Fassadengestaltung zur Umgebung:

    • Lochfassade entspricht Nachbar- und gegenüberliegender Bebauung;
    • Farbgebung des Fassaden-Südteils greift Farbgestaltung des Nachbargebäudes auf.
  10. Abschließende Bewertung: +

    • Wohnbebauung ist als positiver Beginn einer weiteren Erschließung eines bisher unbefriedigend bebauten bzw, genutzten Quartiers zu bewerten.
Ansicht

Ansicht

Die Wilhelmstraße dient als östliche Spange des innerstädtischen Kerntangentenvierecks und nimmt hier den Einbahnverkehr in Süd-Nord-Richtung auf. Die Bebauung des langen Straßenzuges wurde im Zweiten Weltkrieg bis auf einen Verwaltungsbau aus der Zwischenkriegszeit völlig zerstört. Der Wiederaufbau fürhte zu einem heterogenen Erscheinungsbild mit überwiegend dürftigen Architekturen und wechselnden Baufluchten.

Der 2018/19 entstandene Wohnungsneubau Wilhelmstraße 36 befindet sich im nach Westen hin auschwingenden Teil des Straßenzuges nahe der Einmündung in die Wendenstraße. Es handelt sich um eine zweitelig erscheinende sechsgeschossige Bebauung mit zurückgesetztem Staffelgeschoss. Das Gebäude besetzt eine ehemalige Baulücke, schließt südseitig an ein großes Verwaltungsgebäude aus den frühen 1950er Jahren an und reagiert auf dessen Traufhöhe. Die Nordseite ist mit einer fensterlosen Brandwand für eine Anschlussbebauung vorgesehen.

Zwischen den beiden Gebäudeteilen besteht entsprechend des Straßenverlaufs ein sanfter Knick. Während der breitere Nordteil verputzt und weiß gestrichen ist, zeigt sich der schmale Südteil in gelbem Klinkermauerwerk. Letzteres setzt sich über die nördliche Sockelzone fort. Die Eingangssituation am Nordende des Gebäudes ist stark eingezogen, während der Eingangsbereich in den südlichen Trakt nur leicht in die Fassade eingetieft ist. Über den hochliegenden kleinen Erdgeschossfenstern besteht in den „Normalgeschossen“ eine rhytmische Befensterung mit annähernd bodentiefen Öffnungen. Im Südteil ist die Reihung durch schmal-querrechteckige Treppenhausfenster unterbrochen. Die Endachsen beider Gebäudeteile sind mit breiteren Fensteröffnungen betont.

Das Staffelgeschoss ist über dem linken Gebäudeteil mit einem bügelartigen Vordach versehen und bildet entsprechende Loggien ̶ ein Architekturzitat der Klassischen Moderne. Am Südende ist das Staffelgeschoss zurückgestuft und lässt Raum für eine kleine Dachterrasse.

Die Wohnbebauung schafft einen signifikanten Anschluss an das konkav geschwungene Verwaltungsgebäude. Mit der geplanten Fortsetzung der Bebauung ist eine klare Definition der Bauflucht gegeben. Die beiden Hauseinheiten schaffen mit ihrer rhytmisch- differenzierten Fassadengestaltung und dem ebenfalls variierten Staffelgeschoss ein abwechslungsreiches Erscheinungsbild. Allerdings wirkt das Erdgeschoss mit den hochliegenden Fensteröffnungen eher abweisend. Der Vorzug der Neubebauung ist in erster Linie von städtebaulichem Wert, indem eine Brachfläche genutzt wurde und als Brücke für eine Überbauung des im Norden anschließenden ehemaligen Gewerbegrundstücks angesehen werden kann.

Altan
Austritt (Balkon) über einem Vorbau, z.B. über einer Veranda
Aus- bzw. Vorkragung
über die Bauflucht vorspringendes Stockwerk bzw. Gebäudeteil
Brüstung
Wandbereich unter einer Fensteröffnung
Fasche
Rahmung einer Fassadenöffnung (Tür, Tor, Fenster) durch Putz- oder Farbstreifen bzw. mit hölzernen Bauteilen
Fensterband
Reihung von Fensteröffnungen, bei Treppenhäusern auch in senkrechter Anordnung möglich
Freigespärre
Vor einer Giebelfassade angeordnetes Dachgespärre zur Stützung eines entsprechenden Dachüberstandes, oft aus dekorativen Gründen errichtet
Fronton
unmittelbar über der Traufe vor der Dachfläche und quer zum First aufgesetzter Dreiecksgiebel
Gaube
hinter die Traufe zurückgesetzter Dachaufbau
Gesims
waagrechter Mauerstreifen oder entsprechendes Profil zur Fassadengliederung, häufig auch an der Traufe (Traufgesims, bei freistehenden Bauten auch Kranzgesims genannt)
Gewände
Einfassung einer Fassadenöffnung (Tür bzw. Fenster)
Kolonnade
offener Gang hinter einer Pfeiler- oder Säulenreihe
Lisene
flacher, senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung
Loggia
hinter einer Fassadenflucht eingezogener Freibereich mit Austritt
Mezzaningeschoss
niedriges Stockwerk, meist unter dem Dachansatz (Traufe) angeordnet
Okulus
kreisrunde Fensteröffnung
Ortgang
Kante einer Dachschräge am Giebel
Paneel
geschlossene Füllung in einer Vorhangfassade
Pilaster
senkrechter Mauerstreifen zur Fassadengliederung, entsprechend einer Säule mit Basis und Kapitell gesteltet
Pultdach
Dach mit einseitig geneigter Fläche
Risalit
vorspringender Fassadenbereich in gesamter Gebäudehöhe, meist als Mittel- oder Seitenrisalit
Segmentbogen
Bogen über einem Kreisausschnitt (kein voller Rundbogen)
Sohlbank
architektonisch betonter, unterer Abschluss einer Fensteröffnung
Staffelgeschoss
hinter die Traufe zurückspringendes Dachgeschoss, zumeist bei Flachdächern
Sturz
oberer Abschluss einer Wandöffnung (Tür bzw. Fenster)
Traufe
oberer, waagrechter Abschluss einer Fassade, bei geneigten Dächern die untere Dachkante
Vorhangfassade
vom Haupttragwerk eines Gebäudes abgelöste Fassade in Pfosten-Riegel-Konstruktion, oft großflächig verglast
Werkstein
durch Steinmetz bearbeiteter Naturstein
Zwerchhaus
unmittelbar über der Traufe in Fassadenflucht angeordneter Dachaufbau mit Giebel quer zum First (Zwerchgiebel)